Mandanteninformationen
Inhalt
Unternehmer und Freiberufler
1. Berücksichtigung erwarteter Verluste bei Bewertung halbfertiger
Bauten
2. Umsatzsteuer kann bei Existenzgründungen und Nebengewerben
vermieden werden
3. Umkehr der Steuerschuldnerschaft und 500 EUR-Bagatellgrenze
bei Bauleistungen
4. Erbschaftsteuerliche Begünstigung der gewerblich geprägten
GmbH & Co. KG
5. Mögliche Umsatzsteuerbefreiung für Volkshochschullehrer
6. Geplante Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer soll
Unternehmensnachfolge erleichtern
7. Schutz des gutgläubigen Unternehmers bei innergemeinschaftlichen
Lieferungen
8. Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers auch bei Nichtannahme
eines Folgevertrages
9. "Liechtenstein-Stiftung" - ein taugliches Nachfolgeinstrument
10. Vorsteuervergütung im Ausland - Anträge bis 30.6.2006
stellen
1. Berücksichtigung erwarteter Verluste bei Bewertung
halbfertiger Bauten
Kernproblem
Die Bilanzierung halbfertiger Bauten spielt insbesondere in der Baubranche
eine bedeutende Rolle. Zwischen Finanzverwaltung, der herrschenden Meinung
im Schrifttum sowie der handelsrechtlichen Beurteilung war strittig, ob
bei der Bewertung der halbfertigen Bauten Verluste, die aus dem Auftrag
erwartet werden, am Bilanzstichtag in voller Höhe - also auch Verluste,
die auf den noch zu erstellenden Teil des Bauwerks entfallen - zu berücksichtigen
sind. Die Gegenmeinung möchte den Verlust nur anteilig - entsprechend
dem fertig gestellten Teil des Bauwerks - kürzen.
Bisherige Rechtslage
Die Finanzverwaltung vertritt im BMF-Schreiben vom 14.11.2002 (BStBl.
2000 I S. 1514) die Auffassung, dass den Herstellungskosten für teilfertige
Bauten ab dem jeweiligen Bilanzstichtag nur der auf diese Bauten entfallende
Anteil an der vereinbarten Vergütung gegenüberzustellen sei.
Entscheidung
Der BFH widerspricht in seinem Urteil vom 7.9.2005 (VIII R 1/03) zur
verlustfreien Bewertung halbfertiger Bauten der von der Finanzverwaltung
vertretenen Ansicht. Die Differenzierung zwischen Verlusten, die bis zum
Bilanzstichtag entstanden sind, und künftigen, im Rahmen der retrograden
Bewertung nicht berücksichtigungsfähigen Verlusten entspricht - so der
BFH - nicht den Grundsätzen über die Ermittlung des Teilwerts. Der von
der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, den nach der retrograden
Bewertung in die Berechnung einzubeziehenden Unternehmergewinn nur entsprechend
dem Produktionsfortschritt ratierlich zu berücksichtigen, wird mit dem
BFH-Urteil eine klare Absage erteilt. Die weit überwiegende Meinung im
Schrifttum und die handelsrechtliche Bilanzierungspraxis gehen von einem
Vorrang der aktivischen Abwertung aus. Das Verbot der Verlustrückstellung
(§ 5 Abs. 4a EStG) erfasse nur denjenigen Teil des Verlusts, der durch
die Teilwertabschreibung nicht verbraucht ist. Die Teilwertabschreibung
nach der retrograden Bewertungsmethode gehe auf der Aktivseite der Bilanz
wie die Verlustrückstellung auf der Passivseite vom kalkulierten Veräußerungserlös
aus. Dem Veräußerungserlös - abzüglich der Erlösschmälerungen - sind die
bereits angefallenen und die noch zu erwartenden Aufwendungen gegenüberzustellen.
Dem schließt sich der BFH auch für die Beurteilung in der Steuerbilanz
an.
Konsequenz / Strategie
Das BMF wird sich mit dieser Thematik beschäftigen. Da immerhin der BFH
sich gegen die Verwaltung stellt, sollte eine neue Bilanzierungspraxis
diskutiert werden.
2. Umsatzsteuer kann bei Existenzgründungen und Nebengewerben
vermieden werden
Kernproblem
Die Leistungen Selbstständiger unterliegen regelmäßig der Umsatzsteuer.
Sind die Umsätze jedoch gering, greift womöglich die Kleinunternehmerregelung.
In diesen Fällen verzichtet das Finanzamt auf die Umsatzsteuer.
Bisherige Rechtslage
Unternehmer, deren Umsätze im laufenden Jahr nicht mehr als 17.500 EUR
brutto betragen und im kommenden Jahr voraussichtlich 50.000 EUR nicht
übersteigen, brauchen keine Umsatzsteuer an das Finanzamt zu entrichten.
Wer ein (Neben-) Gewerbe neu gründet, muss den voraussichtlichen Umsatz
des Gründungsjahres schätzen. Übersteigt dieser - umgerechnet auf das
gesamte Jahr - nicht 17.500 EUR, greift die Kleinunternehmer-Regelung.
Ob es tatsächlich sinnvoll ist, die "Umsatzsteuerbefreiung" in Anspruch
zu nehmen, muss im Einzelfall genau geprüft werden und hängt hauptsächlich
davon ab, ob die Umsätze an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer ausgeführt
werden. Schließlich ist dann auch kein Vorsteuerabzug möglich. Gerade
bei hohen Anfangsinvestitionen könnte dies ein großer Nachteil sein.
Neue Verwaltungsanweisung
Nicht selten kommt es vor, dass Unternehmer im Gründungsjahr noch gar
keine Umsätze ausführen. In diesen Fällen können sie die Kleinunternehmerregelung
auch dann beanspruchen, wenn der Umsatz im Folgejahr voraussichtlich 50.000
EUR nicht übersteigt. Dies hat die Finanzverwaltung ausdrücklich bestätigt
(OFD Frankfurt, Verfügung vom 13.9.2005). Wer bereits im Gründungsjahr
Anzahlungen vereinnahmt und die Leistungen erst später ausführt, muss
sofort wissen, ob er die Umsatzsteuer hierfür zu zahlen hat oder nicht.
Prognoseentscheidungen sind in diesem Fall nicht ganz einfach und werden
von der Finanzverwaltung hinterher gegebenenfalls verworfen. Dies führt
im ungünstigen Fall zu endgültigen Umsatzsteuerbelastungen beim Unternehmer,
wenn er die Steuer nicht nachträglich von seinen Kunden einfordern kann.
Konsequenz / Strategie
Vor Ausführung der ersten Umsätze muss geklärt sein, ob die Kleinunternehmerregelung
in Anspruch genommen werden soll. Das Finanzamt fordert diese Angabe frühzeitig
auf entsprechenden Fragebögen. Der Unternehmer muss es schon deshalb wissen,
weil er die Umsatzsteuer in seinen Rechnungen nur gesondert ausweisen
darf, wenn die Kleinunternehmerregelung nicht angewendet wird. Tut er
dies dennoch, schuldet er den ausgewiesenen Steuerbetrag. Eine qualifizierte
steuerrechtliche Beratung vor Ausführung der ersten Umsätze vermeidet
diese Probleme.
3. Umkehr der Steuerschuldnerschaft und 500 EUR-Bagatellgrenze
bei Bauleistungen
Kernproblem
Unternehmer, die Bauleistungen erbringen, müssen unter bestimmten Umständen
Umsatzsteuer auf ihre Eingangsleistungen berechnen und an das Finanzamt
abführen. Die Abgrenzung in der Praxis ist äußerst schwierig.
Bisherige Rechtslage
Wer als Unternehmer Lieferungen und sonstige Leistungen erbringt, die
mit der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung von Bauwerken
zu tun haben, muss besondere umsatzsteuerliche Pflichten erfüllen. Bezieht
nämlich ein solcher "Bauunternehmer" selbst Bauleistungen als Eingangsleistungen
(z. B. von einem Subunternehmer), wird er dafür zum Steuerschuldner. Dies
gilt selbst dann, wenn der Leistungsempfänger Unternehmer ist, die Leistung
aber für private Zwecke empfängt. Das bedeutet, dass er nur den Netto-Rechnungsbetrag
an seinen Geschäftspartner überweisen darf und die empfangene Leistung
quasi als eigenen Umsatz anmelden muss. Wenn der leistende Unternehmer
alles richtig macht, darf er in seiner Rechnung eine Umsatzsteuer auch
gar nicht ausweisen. Die an das Finanzamt zu zahlende Umsatzsteuer kann
der Leistungsempfänger als Vorsteuer geltend machen, sofern die entsprechenden
Voraussetzungen erfüllt sind.
Aus Vereinfachungsgründen hat die Finanzverwaltung eine Geringfügigkeitsgrenze
in Höhe von 500 EUR für Reparatur- und Wartungsarbeiten an Gebäuden eingeführt.
Solche Arbeiten gelten deshalb nicht als Bauleistung in diesem Sinne,
wenn das Nettoentgelt für den einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 EUR
beträgt. Umgekehrt bedeutet diese Regelung, dass solche Leistungen die
Steuerschuldnerschaft des Empfängers auslösen, wenn sie den Betrag von
500 EUR übersteigen. Dies führt in der Praxis zu enormen Abgrenzungsproblemen
und administrativem Mehraufwand. Schließlich muss auch der leistende Unternehmer
die Steuerschuldnerschaft beachten. Er darf in diesen Fällen die Umsatzsteuer
nicht gesondert in der Rechnung ausweisen.
Konsequenz / Strategie
Das Bundesfinanzministerium hat diese Geringfügigkeitsgrenze in seinem
Schreiben vom 23.1.2006 klargestellt. Danach lösen Wartungsleistungen
an Bauwerken mit einem Nettowert von über 500 EUR nicht zwangsläufig die
Steuerschuldnerschaft aus. Sie gelten nur dann als Bauleistung, wenn dabei
Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden. Folglich können
auch Unternehmer, die selbst Bauleistungen erbringen, solche Wartungsleistungen
beziehen, ohne dass sie dafür die Umsatzsteuer in eigener Regie schulden.
Betroffene Gewerbetreibende sollten dafür sorgen, dass die mit den Eingangs-
und Ausgangsrechnungen befassten Mitarbeiter über diese Neuregelung informiert
werden. Aus den Belegen sollte sich eindeutig ergeben, ob Teile ausgetauscht
worden sind. In Zweifelsfällen ist eine steuerliche Beratung angezeigt.
4. Erbschaftsteuerliche Begünstigung der gewerblich
geprägten GmbH & Co. KG
Kernproblem
Da der Gesetzgeber seit langer Zeit an neuen Vorschriften des Erbschaft-
und Schenkungsteuergesetzes arbeitet, stehen einige Vergünstigungen vor
dem Aus. Vor allem der Freibetrag und der Bewertungsabschlag bei den gewerblich
geprägten Personengesellschaften stehen in der Diskussion.
Bisherige Rechtslage
Bisher ist Betriebsvermögen erbschaft-/schenkungsteuerlich begünstigt.
Der Gesetzgeber gewährt einen Betriebsvermögensfreibetrag in Höhe von
225.000 EUR und einen Bewertungsabschlag in Höhe von 35 %. Übersteigt
der Wert des übergegangenen Betriebsvermögens diesen Freibetrag, sind
nicht der gesamte "Überschuss" steuerpflichtig, sondern lediglich 65 %.
Nach dem geltenden Steuerrecht können praktisch alle Gegenstände, die
üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten werden
wie
- Geld und Kapitalanlagen
- ermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude,
- Seeschiffe, Flugzeuge,
- gewerbliche Schutzrechte und andere Rechte
auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden. Daher wurde in der
Gestaltungsberatung bisher empfohlen, eine GmbH & Co. KG zu gründen und
das Privatvermögen in die Personengesellschaft zu verlagern.
Änderungsvorhaben
Noch für das Jahr 2006 beabsichtigt der Gesetzgeber, die gewerblich geprägte
GmbH & Co. KG von den bisherigen Vergünstigungen auszunehmen. Damit entfielen
der Freibetrag und der Bewertungsabschlag. Nach der Zielrichtung des Gesetzgebers
soll die Begünstigung von Vermögen, das in erster Linie der weit gehend
risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung
von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt,
nicht mehr steuerlich privilegiert werden.
Konsequenz / Strategie
Die zu erwartende, künftige Rechtslage wird alternative steuerliche Gestaltungen
erfordern, die nicht ohne qualifizierte rechtliche und vor allem steuerrechtliche
Beratung durchgeführt werden sollten.
5. Mögliche Umsatzsteuerbefreiung für Volkshochschullehrer
Kernproblem
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass sich auch Volkshochschuldozenten
(z. B. für Töpferkurse) ohne Bescheinigung des Bildungsträgers auf eine
Umsatzsteuerbefreiung berufen können.
Bisherige Rechtslage
Das Umsatzsteuergesetz sieht besondere Steuerbefreiungen für unterrichtende
Leistungen gem. § 4 Nr. 21 UStG vor. Von diesen Befreiungen profitieren
in erster Linie die Bildungsträger.
Entscheidungsvorlage
Der BFH möchte nun vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) wissen, ob auch
selbstständige Volkshochschullehrer ihr Honorar umsatzsteuerfrei vereinnahmen
dürfen. Selbstständige Lehrer an Schulen oder Hochschulen können
ihre Unterrichtsleistungen ggf. umsatzsteuerfrei gegenüber ihrem Auftraggeber
(Bildungseinrichtung) abrechnen. Dazu müssen folgende Voraussetzungen
erfüllt sein:
- Sie vermitteln Kenntnisse im Rahmen festliegender Lernprogramme.
- Der Unterricht muss regelmäßig und für eine gewisse Dauer ausgeübt
werden. Einzelne Vorträge fallen nicht unter die Steuerbefreiung.
- Der Unterricht muss eine ordnungsgemäße Berufs- oder Prüfungsvorbereitung
gewährleisten.
- Der Dozent muss dem Finanzamt eine Bescheinigung des Bildungsträgers
vorlegen, in der diese Voraussetzungen bestätigt werden.
Auf die Bescheinigung kann nur dann verzichtet werden, wenn der Unterricht
für eine Hochschule, öffentliche allgemein- und berufsbildende Schule
(z. B. Gymnasium, Realschule) oder eine Ersatzschule erteilt wird.
Die EU-rechtlichen Vorgaben sind weniger streng. In Betracht kommt nach
Ansicht des BFH die Anwendung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der
Richtlinie 77/388/EWG. Aus diesem Grund wurde der EuGH um eine abschließende
Entscheidung in dieser Sache gebeten (BFH, Beschluss v. 20.10.2005, Az.
V R 75/03).
Konsequenz / Strategie
Vergleichbare Fälle sollten bis auf weiteres offen gehalten werden. Das
Verfahren ist auch für andere selbstständige Lehrer/Dozenten von großer
Bedeutung. Bevor eine unterrichtende Tätigkeit begonnen wird, muss jedoch
generell die Frage geklärt werden, ob der Unterricht im Rahmen einer nicht
selbstständigen (angestellten) Tätigkeit oder selbstständig ausgeübt wird.
Die Honorarverträge sind nicht immer eindeutig. Außerdem sollte in einem
gemeinsamen Beratungsgespräch erörtert werden, ob die Inanspruchnahme
der Steuerbefreiung überhaupt sinnvoll ist. Für steuerfreie Umsätze entfällt
nämlich das Recht auf Vorsteuerabzug (z. B. für Arbeitszimmer, PKW oder
einen Computer). Möglicherweise gilt die so genannte Kleinunternehmer-Regelung,
nach der dieser Unternehmer keine Umsatzsteuer abführen muss.
6. Geplante Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer
soll Unternehmensnachfolge erleichtern
Kernproblem
Zukünftig soll die Fortführung eines Unternehmens im Rahmen der vorweggenommenen
Erbfolge oder von Todes wegen steuerlich begünstigt werden. Eine steuerfreie
Übertragung von Betriebsvermögen wäre dann möglich.
Änderungsvorhaben / Ziele
Laut Koalitionsvereinbarung soll eine Erbschaftsteuerreform mit Wirkung
ab 1.1.2007 umgesetzt werden. Insbesondere ist die Einführung eines Abschmelzungsmodells
vorgesehen. Die Unternehmensfortführung im Rahmen der vorweggenommenen
Erbfolge sowie im Erbgang soll erbschaftsteuerlich deutlich attraktiver
werden. Natürlich gibt es diese Vergünstigung nicht umsonst: Der Begünstigte/Erbe
muss den Betrieb mindestens 10 Jahre weiterführen. Allerdings ist zu beachten,
dass dieses Jahr noch mit einem Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den
"alten" Regelungen des Erbschaftsteuerrechts zu rechnen ist, das vielleicht
noch Einfluss auf die Gesetzesvorhaben hat. Zentraler Punkt der Neuregelung
des Erbschaftsteuerrechts wird eine neue Stundungs- und Erlöschensregelung.
Folgende Begünstigungen sollen gelten:
- Die Erbschaftsteuer wird für 10 Jahre zinslos gestundet.
- Jedes Jahr erlischt der Stundungsbetrag in Höhe eines Zehntels. Einzige
Voraussetzung: Das übertragene Vermögen wird in der Hand des Erwerbers
fortgeführt.
- Wird begünstigtes Vermögen innerhalb des 10-Jahreszeitraums veräußert,
endet die Stundung und die restliche Steuer ist fällig.
Die Gesetzesreform wird bei dem Betriebsvermögen zwischen produktivem
und nicht produktivem Vermögen unterscheiden. Nur das produktive Vermögen
soll steuerlich begünstigt werden. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers
gehören zum nicht produktiven Vermögen insbesondere Kapitalvermögen und
vermietete Immobilien. Insbesondere die Gestaltung, Immobilienvermögen
in einer gewerblich geprägten Personengesellschaft "steuergünstig" zu
übertragen, soll dann nicht mehr möglich sein.
Konsequenz / Strategie
Konsequenzen aus diesen Neuregelungen:
- Hat der Unternehmer neben seinem Gewerbebetrieb auch eine gewerblich
geprägte GmbH & Co. KG, die nicht produktives Vermögen hält, besteht
Umstrukturierungsbedarf.
- In der bisherigen Gestaltungspraxis galt häufig die Devise: Immobilien
aus dem Betriebsvermögen fernhalten. Künftig wird es vorteilhaft sein,
Immobilien in das Betriebsvermögen einzugliedern. 10 Jahre nach Betriebsübergabe
ist auch der wertvolle Grundbesitz steuerfrei auf die Nachfolgegeneration
übergegangen.
Die Neuregelungen erfordern einen erhöhten qualifizierten steuerlichen
Beratungsbedarf. Generell gilt: Die Unternehmensnachfolge ist ein rechtlich
und steuerlich komplexer Prozess, der rechtzeitig geplant und umgesetzt
werden muss. Die zu erwartenden Regelungen werden im Einzelfall attraktiv
sein, wenn ein geeigneter Nachfolger bereitsteht.
7. Schutz des gutgläubigen Unternehmers bei innergemeinschaftlichen
Lieferungen
Kernproblem
Die Anforderungen an den Nachweis der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche
Lieferungen und die Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes sind noch
nicht abschließend geklärt.
Rechtslage
Um Missbräuchen bei der Inanspruchnahme der Umsatzsteuerbefreiung für
innergemeinschaftliche Lieferungen (§§ 4 Nr. 1 Buchst b, 6a UStG) zu begegnen,
ist der Lieferer verpflichtet, die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen
Lieferung buchmäßig durch geeignete Unterlagen nachzuweisen. Doch wie
sieht es aus, wenn der Abnehmer über die Voraussetzungen der Steuerbefreiung
unrichtig informiert? Um den Lieferanten in derartigen Konstellationen
zu schützen, bestimmt § 6a Abs. 4 UStG, dass eine Lieferung trotz Fehlens
der entsprechenden Voraussetzungen als umsatzsteuerfrei anzusehen ist,
wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des
ausländischen Abnehmers beruht und der Lieferer die Unrichtigkeit dieser
Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns
nicht erkennen konnte. Die Finanzverwaltung stellt zum Teil extrem
hohe Anforderungen an die kaufmännische Sorgfaltspflicht. Sie vertritt
dabei die Auffassung, dass dem gutgläubigen Lieferer der Vertrauensschutz
auch dann zu versagen ist, wenn dem Lieferer nicht bewusst war, dass er
mit einem Scheinunternehmen in Kontakt getreten war und dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
aufgezeichnet hat.
Entscheidung
Erfreulicherweise lässt die Rechtsprechung in jüngerer Zeit Tendenzen
erkennen, die Sorgfaltsanforderungen an den Lieferanten auf ein realistisches
Maß zurückzuführen. In einem Beschluss vom 25.11.2005 (Az. V B 75/05)
hat der Bundesfinanzhof festgestellt, dass die Anforderungen an den Nachweis
der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen und die Voraussetzungen
des Gutglaubensschutzes noch nicht abschließend geklärt sind. Daher hat
es dem Steuerpflichtigen immerhin die Aussetzung der Vollziehung seines
Steuerbescheids gewährt.
Konsequenz / Strategie
Unter Hinweis auf diese Entscheidung dürften gutgläubige Lieferanten,
der ihre Lieferungen möglicherweise an Scheinunternehmen ausgeführt haben,
leichter als bislang eine Aussetzung der Vollziehung erreichen können.
Hinzu kommt, dass auch der Europäische Gerichtshof in einem Urteil vom
12.1.2006 (DStR 2006 S. 133) dem Schutzbedürfnis eines gutgläubigen
Unternehmers Rechnung getragen hat. Die Entscheidung betraf die mehrfache
Veräußerung von Gegenständen in einer Lieferkette.
8. Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers auch bei
Nichtannahme eines Folgevertrages
Kernproblem
Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, der dem Handelsvertreter und unter
bestimmten Voraussetzungen auch dem Vertragshändler im Falle der Vertragsbeendigung
zusteht, ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter oder Händler selbst den
Vertrag kündigt. Regelmäßig kommt es zu Situationen, in denen der Hersteller
den Vertrag kündigt, dem Händler aber umgehend einen neuen Vertrag anbietet
- meist mit geändertem Inhalt. Nimmt ein Händler diesen Folgevertrag nicht
an, verweigert der Hersteller häufig eine Ausgleichsvergütung mit der
Begründung, die Ablehnung des neuen Vertrages sei einer Eigenkündigung
des Händlers gleichzustellen.
Entscheidung
Mit Urteil vom 17.1.2006, 11 U 33/05 hat nun das Oberlandesgericht (OLG)
Frankfurt a.M. festgestellt, dass die Ablehnung eines Folgevertrages nicht
wie eine Eigenkündigung zu behandeln ist. Das Gericht wies die Argumentation
des Automobil-Herstellers zurück, wonach der Fall mit den aus dem Handelsvertreterrecht
bekannten sog. Kettenverträgen vergleichbar sei. Bei diesen sei anerkannt,
dass bei Aneinanderreihung jeweils auf ein Jahr befristeter, inhaltsgleicher
Verträge der Handelsvertreter im Ergebnis die Vertragsbeendigung selbst
herbeiführt, wenn er den Abschluss eines neuen Jahresvertrages verweigert.
Wenn aber ein an sich unbefristeter Vertrag gekündigt wird, liege
der Fall entscheidend anders. Zudem sei der Händlervertrag durch die Kündigung
des Herstellers schon beendet gewesen, bevor dem Händler überhaupt ein
neuer Vertrag angeboten wurde. Das OLG wies weiter darauf hin, dass in
dem entschiedenen Fall der vom Hersteller angebotene neue Vertrag eben
nicht inhaltsgleich mit dem alten Händlervertrag gewesen sei, sondern
durchaus andere Konditionen für die Händler enthalten habe.
Konsequenz / Strategie
Das Urteil ist für Vertragshändler und Handelsvertreter von großer Bedeutung.
Anwendung wird es vor allem in Fällen finden, in denen der Lieferant zwecks
Umstrukturierung seines Vertriebsnetzes zeitgleich sämtliche Verträge
kündigt, um sodann jedenfalls mit einem Teil seiner Vertriebspartner neue
Verträge abzuschließen. Ein Ausgleichsanspruch steht dann nicht nur denjenigen
Händlern zu, die der Hersteller nicht mehr im Netz haben will, sondern
auch denjenigen, die den ihnen angebotenen Folgevertrag aus eigener Entscheidung
ablehnen. Keiner dieser Händler muss sich auf die Diskussion einlassen,
ob ihm die Annahme des neuen Vertrages zumutbar gewesen wäre oder nicht.
9. "Liechtenstein-Stiftung" - ein taugliches Nachfolgeinstrument
Kernproblem
Stiftungen können in der Nachfolgeplanung sehr wichtig sein. Zweifel
bestehen jedoch, ob in Liechtenstein errichtete Stiftungen im Rahmen der
Vermögensnachfolge sinnvoll einsetzbar sind.
Entscheidung
Nach einer nicht rechtkräftigen Entscheidung des Finanzgerichts (FG)
Rheinland-Pfalz v. 14.3.2005, 4 K 1590/03, führt die unentgeltliche Übertragung
von Vermögen eines im Inland ansässigen Stifters auf eine in Liechtenstein
errichtete Familienstiftung auch zur Schenkungsteuerpflicht, wenn der
Stifter sich das Recht vorbehält, "irgendwann" (also nach Ausübung bestimmter
Gestaltungs- oder Weisungsrechte) die Rückzahlung des Vermögens zu verlangen.
Nach Ansicht des FG ist die Besteuerung mit Schenkungsteuer nicht
bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Stifter im Reglement (Satzung)
der Stiftung eine Möglichkeit vorgesehen hat, sich das eingebrachte Vermögen
nach Ausübung bestimmter Gestaltungsrechte zurückzahlen zu lassen. Vielmehr
ist nur dann keine Bereicherung der Stiftung gegeben, wenn der Stifter
in der Satzung bereits eine Rückzahlungsverpflichtung vorgesehen
hat, die Rückzahlung also "sofort" (ohne vorherige Ausübung anderer Rechte)
verlangt werden könnte.
Konsequenz / Strategie
Sollte der BFH dieses Urteil bestätigen, ist zur Vermeidung von Schenkungsteuer
grundsätzlich schon im Reglement der liechtensteinischen Stiftung festzulegen,
dass die Stiftung zur jederzeitigen Rückzahlung des Vermögens an den Stifter
verpflichtet ist. Bei genauerem Hinsehen birgt eine solche Gestaltung
jedoch zivilrechtliche und ertragsteuerliche Risiken. Zivilrechtlich
(nach liechtensteinischem Recht zu beurteilen) entsteht leicht der Verdacht
einer nur zum Schein errichteten Stiftung. In diesem Fall wäre die Errichtung
der Stiftung wohl unwirksam und diese als Vehikel für die Nachfolgegestaltung
untauglich. Auch ertragsteuerlich ist die Einfügung einer Klausel, die
ein sofortiges Rückforderungsrecht zu Gunsten des Stifters vorsieht, bedenklich.
Sie birgt die Gefahr der Zurechnung der Einkünfte der Stiftung beim Stifter,
der diese als eigene Einkünfte versteuern müsste. Insgesamt ist festzuhalten,
dass liechtensteinische Stiftungen für die Nachfolgegestaltung eher ungeeignet
sind und die Gründung einer inländischen Familienstiftung zu bevorzugen
ist.
10. Vorsteuervergütung im Ausland - Anträge bis 30.6.2006
stellen
Kernproblem
Wurden vorsteuerberechtigte Unternehmer im Jahr 2005 bei Auslandsgeschäftsreisen
beim Kauf von Waren oder bei anderen betrieblich veranlassten Aufwendungen
mit ausländischer Umsatzsteuer belastet, kann diese zurückgefordert werden.
Ein Antrag für gezahlte Umsatzsteuer im Jahr 2005 ist insbesondere bei
EU-Finanzbehörden jedoch spätestens bis zum 30.6.2006 zu stellen. Rechtslage
Der Stichtag 30.6.2006 stellt eine Ausschlussfrist dar. Anträge auf Vorsteuervergütung,
die danach bei der für die Erstattung der Vorsteuer ausländischen Finanzbehörde
eingehen, werden unbearbeitet zurückgewiesen. Um im Ausland bezahlte Umsatzsteuer
erstattet zu bekommen, sind folgende bürokratische Voraussetzungen zu
erfüllen:
- Der Vergütungsantrag muss auf einem amtlichen Formular des jeweiligen
Landes eingereicht werden.
- Die Belege, aus denen die Zahlungen der ausländischen Umsatzsteuer
ersichtlich sind, sind getrennt nach den jeweiligen Ausgabearten aufzulisten.
- Die Belege sind im Original einzureichen.
- Dem Antrag muss eine Unternehmerbescheinigung beigefügt werden, die
Unternehmer bei dem deutschen Finanzamt bekommen, bei dem sie umsatzsteuerlich
erfasst sind.
Können Belege nur in Kopie oder in einer Zweitschrift vorgelegt werden,
weil das Original aus Gründen, die der Unternehmer nicht zu vertreten
hat, nicht mehr vorhanden ist, kann dennoch ein Antrag auf Erstattung
der ausländischen Umsatzsteuer gestellt werden. Hierzu müssen der ausländischen
Finanzverwaltung die Gründe für den Verlust der Originalrechnung plausibel
dargelegt werden (EuGH, Urteil v. 11.6.1998, C-361/96).
Konsequenz
Betroffene Unternehmer sollten sich in dieser Angelegenheit frühzeitig
mit ihrem Steuerberater in Verbindung setzen, um den Stichtag 30.6.2006
einzuhalten. Der Berater wird zudem realistisch beurteilen können, ob
ein Antrag auf Vorsteuervergütung überhaupt möglich ist. In zahlreichen
EU-Ländern gelten nämlich bestimmte Mindestgrenzen, bis zu denen keine
Erstattung erfolgt und einige Kostenarten sind von der Vorsteuervergütung
ausgeschlossen (häufig beispielsweise Bewirtungskosten).
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